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© Ro Ma/Pixabay

Argumente gegen ein Transparenzgesetz halten oft nicht Stand

Ob eine effizientere Verwaltung, Stärkung der Pressefreiheit oder die Förderung von Wirtschaft und Wissenschaft: Argumente für ein weitgehendes Transparenzgesetz in Baden-Württemberg gibt es viele. Doch wie bei jeder Veränderung, gibt es auch viele Ängste und Befürchtungen, die zu Abwehrreaktionen führen. Häufig stellen sich die gegen eine offene Verwaltung angeführten Argumente jedoch bei genauerer Betrachtung als haltlos heraus.

So auch die Anfang Oktober 2022 vorgebrachten Argumente von Gemeindetag  und Landkreistag, die damit dem Gesetzesvorschlag für ein weitgehendes Transparenzgesetz, des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Dr. Stefan Brink, entgegentraten.

Stigmatisierung und Ängste

Der Gemeindetag entnimmt dem Vorschlag den Vorwurf, man müsse der Verwaltung „stärker auf die Finger schauen, sonst läuft da etwas falsch“. Er befürchtet eine Stigmatisierung und Kontrollgesellschaft. Es bestehe zudem die Sorge, dass die Angst vor Kontrolle die Mitarbeitenden in ihrer Arbeit hemmt. Die wissenschaftliche Evaluation des Landestransparenzgesetz in Rheinland-Pfalz in Rheinland-Pfalz kommt jedoch zu einem ganz anderen Ergebnis. Die Forschenden konnten keine Indizien für „negative Auswirkungen auf die Verwaltungstätigkeit“ (S. 188) finden. Mitarbeitende fühlten sich weder überwacht, noch vermieden dadurch Verantwortung oder wurden in ihren Handlungen blockiert. Die Angst überwacht oder in die Öffentlichkeit gezerrt zu werden, ist also unbegründet.

Missbräuchliche Verwendung

Diejenigen, die Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg stellen, würden in „den meisten Fällen“ darauf abzielen, Infrastrukturmaßnahmen für das Allgemeinwohl zu verhindern. Zu diesem Schluss kommt zumindest der Gemeindetag Baden-Württemberg. Er beruft sich dabei auf kommunale Erfahrungen – Belege für diese steile These liefert er nicht. Daher ist absehbar, dass auch dieser Vorwurf aus verschiedenen Gründen haltlos ist. In Rheinland-Pfalz zumindest kamen missbräuchlich wahrgenommene Anträge sehr selten vor – nur 0,9% der Anträge wurden so eingestuft (S. 184). Für Baden-Württemberg gibt bis dato keine belastbaren Zahlen und somit keine Datengrundlage für diese weitgehende Behauptung.

Transparenz sei was für Menschen mit höherer Bildung

Mit Blick auf die Erfahrungen in Rheinland-Pfalz (S. 108), scheint das oft angeführte Argument zunächst einmal zutreffend, ein Transparenzgesetz nütze in erster Linie der gebildeten Mittelschicht. 67% der Besucherinnen und Besucher des dortigen Transparenzportals haben einen Fachhochschulabschluss oder Abitur. Lediglich sechs Prozent der Besuchenden haben einen Haupt- oder Volksschulabschluss. Das ist also eine Bestandsaufnahme, an der es zu arbeiten gilt! Wenn es dem Staat wichtig ist, dass alle Menschen sich besser informieren können, muss er Informationen so darstellen, dass der Zugang einfach und die Infos leicht zu finden und zu verstehen sind. Ein Transparenzgesetz läuft darauf hinaus, dass es eine übersichtliche Homepage gibt, auf der alle relevanten Informationen gebündelt veröffentlicht werden. Das ist mit hoher Sicherheit für viele Gruppen einfach zugänglich. Unter dem heute geltenden Informationsfreiheitsgesetz hingegen, muss eigens ein Antrag formuliert werden und eventuell kommen noch Kosten auf einen zu. Wem daran gelegen ist, dass alle teilhaben können, sollte auf allen möglichen Kanälen in verständlicher Sprache immer wieder auf staatliche Informationsangebote hinweisen.

Transparenz mache nur noch mehr Arbeit!

Der Landkreistag meint, „die Forderung nach einem Transparenzgesetz kommt zur absoluten Unzeit“ und befürchtet „ein Transparenzgesetz würde massive Mehrbelastungen auf kommunaler Ebene mit sich bringen“.

Die Frage der Mehrbelastung beantwortet die Evaluation des Hamburgischen Transparenzgesetzes (HmbTG). Dort heißt es, dass aus Sicht der veröffentlichungspflichtigen Stelle „die durch die Einführung des HmbTG geschaffene Veröffentlichungspflicht nur einen geringen Mehraufwand pro Stelle mit sich gebracht zu haben scheint“ (Seite 89). Und darüber hinaus liegt es nahe, dass sich noch weitere Einsparpotenziale und Effizienzgewinne ergeben, denn im Mittelpunkt des Transparenzgesetzes steht die Schaffung eines Transparenzportals. Ein Transparenzportal ist nur möglich und sinnvoll, wenn die Digitalisierung der Verwaltung weiterentwickelt wird. Ein Transparenzgesetz wird daher insgesamt zur Verbesserung digitaler Anwendungen, Dienste und Dienstleistungen und damit zum Abbau von Bürokratie beitragen. Die digitale Entwicklung schafft damit neue Möglichkeiten, die Verwaltung zu verbessern und sie gleichzeitig zu entlasten. Die digitale Technik kann zu einem Verbündeten der Bürgerschaft und ihrer Verwaltung werden.

Unser Appell: Notwendigkeit der Digitalisierung für eine Erneuerung der Verwaltung nutzen!

Die Digitalisierung der Verwaltung bedeutet sicherlich eine immense Kraftanstrengung, aber gleichzeitig ist sie unvermeidbar, wenn unsere Verwaltungen den Anschluss nicht verlieren wollen. Warum also nicht das Unvermeidbare als Chance nutzen, die Verwaltungen moderner, effizienter, flexibler und bürgernäher zu machen? Digitale gestützte Verfahren ermöglichen heute nicht nur einfachere Information der Bürgerschaft, sondern auch eine einfachere Bürgerbeteiligung in allen Phasen der Politikgestaltung: Welche Themen sollen bearbeitet werden? Wie können gemeinsame Lösungen aussehen? Welche Variante wird von den Menschen präferiert? Über Open Source Softwares wie CONSUL kann Beteiligung digital gestützt viel leichter organisiert werden. Die Forderung nach einer Modernisierung unserer Verwaltung kommt nicht, wie vom Landkreistag behauptet, zur absoluten Unzeit, sondern sie ist Voraussetzung dafür, dass wir die anstehende Transformation zu einer ökologisch und sozial nachhaltigen Gesellschaft überhaupt organisieren können - es ist also allerhöchste Zeit sie anzugehen!

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